Aktuelle Informationen
Wir kümmern uns um Ihre Immobilie.
BGH: Klimasplitgeräte sind grundsätzlich erlaubt, wenn die Mehrheit sie per Beschluss gestattet
Eine rechtssichere Beschlussfassung über die Beauftragung von Rechtsanwalt oder Privatgutachter (Bausachverständiger) setzt keine Alternativangebote voraus. Die bundesweit verbreitete Forderung vieler Instanzgerichte nach „mindestens“ drei Vergleichsangeboten im Beschlusszeitpunkt gerät mehr und mehr ins Wanken. Obschon der Bundesgerichtshof (BGH) eine derartige Vorgabe niemals aufstellte, fordern Amts- und Landgerichte unbeirrt drei Vergleichsangebote. Obwohl der BGH mehrfach zum Ausdruck brachte, dass es eine derartige Doktrin nicht gibt, muss die Verwalterpraxis angesichts des Anfechtungsrisikos vorsichtig sein und sich im Zweifel fügen. Nun - so scheint es - ist dem BGH wieder mal „der Kragen geplatzt“. Jedenfalls für die Beschlussfassung über die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder von Gutachtern im Hinblick auf die Feststellung und Rechtsverfolgung von Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum müssen keine Alternativangebote anderer Rechtsanwälte bzw. Gutachter vorliegen.
Mit Urteil vom 18.07.2025 zum Aktenzeichen V ZR 76/24 entschied der BGH nicht nur, dass eine hinreichende Tatsachengrundlage (Entscheidungsgrundlage) auch durch ein einziges Angebot gewährleistet sein kann, sondern darüber hinaus, dass es im Ermessen der Wohnungseigentümer liegt, im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung eine vom Verwalter ohne vorherigen Beschluss veranlasste Anwalts- der Gutachterbeauftragung nachträglich zu genehmigen, und zwar jedenfalls dann, wenn die beauftragte Maßnahme selbst ordnungsmäßiger Verwaltung entsprach.
Der Fall
Die Klägerin ist Bauträgerin und Mitglied der beklagten GdWE. Coronabedingt fand 2020 keine Eigentümerversammlung statt. Vor dem Hintergrund der im Oktober 2021 drohenden Verjährung von Mängelansprüchen aus den Bauträgerverträgen beauftragte der Verwalter im Frühjahr 2021 drei Sachverständige im Namen der GdWE mit einer Bestandsaufnahme zur Mängelfeststellung. Die Begutachtung ergab einen Mängelbeseitigungsaufwand von knapp 470.000 EUR. Die Gutachter berechneten knapp 50.000 EUR Honorar. Der Verwalter beauftragte im Namen der GdWE eine Rechtsanwaltskanzlei. Beschlussfassungen gingen diesen vier Vertragsschlüssen nicht voraus.
(Erst) In einer Versammlung im Juli 2021 wurde mehrheitlich beschlossen, die erteilten Aufträge und bisherigen Kosten nachträglich zu genehmigen (TOP 6), die Rechtsanwaltskanzlei mit der außergerichtlichen und notfalls gerichtlichen Geltendmachung eines Kostenvorschusses zur Beseitigung der gutachterlich festgestellten Mängel zu beauftragen (TOP 7d) und hierzu mit der Kanzlei eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen, deren Stundensätze 300,00 EUR netto je Anwaltsstunde und 150,00 EUR netto je Sekretariatsstunde nicht überschreiten dürfen (TOP 8). Das Amtsgericht München wies die Anfechtungsklage ab, das Landgericht München I gab ihr in der Berufungsinstanz statt. Die Nichtzulassungsbeschwerde und Revision der GdWE waren erfolgreich. Der BGH hält die Beschlüsse für rechtens.
Die Entscheidung
Der BGH sieht die Grundsätze einer ordnungsmäßigen Verwaltung durch die hier eingeschlagene Vorgehensweise gewahrt. Dahinstehen konnte, ob der Verwalter die Aufträge ohne vorherigen Beschluss erteilen durfte. Jedenfalls sei die GdWE berechtigt gewesen, die erteilten Aufträge nachträglich zu genehmigen, da sie angesichts der erkennbaren Mängel und drohenden Verjährung ordnungsmäßig waren. Zwar sei es richtig, dass die Bestandskraft der Genehmigungsbeschlüsse eine Art Entlastungswirkung („Einzelfallabsolution“) zugunsten des Verwalters darstellen, was in dem vorliegenden Fall aber unbedenklich gewesen sei. Die Klägerin (Bauträgerin) habe nicht darlegen können, dass Begutachtung und Rechtsverfolgung erkennbar unnötig oder die Gutachter und Rechtsanwaltskanzlei personell oder fachlich untauglich gewesen seien.
Der in der amts- und der landgerichtlichen Rechtsprechung sowie in Teilen des Schrifttums vertretenen Ansicht, vor jedweder Verwaltungsmaßnahme, die nicht nur unerhebliche finanzielle Aufwendungen erfordere, sei die Einholung von – zumeist drei – Vergleichsangeboten erforderlich, um für eine Entscheidungsgrundlage zu sorgen, erteilt der BGH eine Absage. Der BGH betont, dass aus seiner Rechtsprechung eine allgemeine Pflicht zur Einholung von Alternativangeboten nicht hervorgehe. Speziell bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts sie dies nicht erforderlich, weil Stundensatz und Zeitkontingent den Wohnungseigentümern die Stärken und Schwächen der Leistungsangebote ohnehin nicht aufzeigen können.
Fazit für den Verwalter
„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“ – so mag man dem Verwalter im vorliegenden Fall zurufen. Unzweifelhaft konnte der Verwalter Sachverständigenvertrag und Rechtsanwaltsvertrag namens der GdWE wirksam schließen und die GdWE binden. Seine gesetzliche Vertretungsmacht aus § 9b WEG deckt das. Angesichts der Gutachterkosten von 50.000 EUR und sicherlich – der Sachverhalt lässt die Höhe nicht erkennen – nicht unbeträchtlicher Rechtsanwaltskosten durfte er das ohne Beschluss aber nicht, da die Voraussetzungen von § 27 Abs. 1 WEG nicht vorlagen. Die Ausgaben lagen erkennbar über 2% - 5% des Gesamtbudgets des laufenden Wirtschaftsplanes und auch von 3.000 - 5.000 EUR, wie sie von manchen Gerichten und Autoren als pauschale „Bagatell-Obergrenze“ gezogen werden. Eine höchstrichterliche Klärung der umstrittenen Rechtslage steht nach wie vor aus.
Obwohl die Verträge wirksam geschlossen waren, durften die Wohnungseigentümer sie nachträglich genehmigen. Das schafft einerseits Rechtssicherheit und Rechtsklarheit innerhalb der GdWE, kann aber auch „Regressgelüste“ einzelner Wohnungseigentümer gegen GdWE und den Verwalter im Keim ersticken.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die Vorgehensweise angesichts der Anhaltspunkte für verschiedene Baumängel ordnungsmäßig erschienen. Dadurch, dass Rechtsanwalt und Gutachter bereits auf Basis wirksamer Mandate bzw. Verträge mit der Angelegenheit befasst waren und ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der GdWE ordnungsmäßig erfüllten, wäre es reine Förmelei, wenn man vom Verwalter für die nachträgliche Genehmigung die Einholung von Alternativangeboten fordern wollte. Die Situation ist nach Sinn und Zweck nicht anders als bei der Beauftragung eines Folgeauftrages mit gleichem Leistungsbild an denselben, bereits erfolgreich bzw. beanstandungslos tätigen Auftragnehmer der GdWE - hier verlangt die ganz herrschende Meinung keine Vergleichsangebote. Berücksichtigt man außerdem, dass die Mehrheit unter 3 Anbietern ohnehin den bereits tätigen Rechtsanwalt oder Sachverständigen „genehmigen“ dürfen, würde die Forderung nach 2 weiteren Angeboten evident zur Farce werden.
Der Verwalter darf gemäß § 27 Abs. 2 WEG Delegationsbeschlüsse für die Beauftragung von Rechtsanwälten oder Privatgutachtern (Bausachverständigen etc.) auf Basis von Honorarvereinbarungen herbeiführen.
Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte
Nicht nur Verwalter, sondern auch Wohnungseigentümer sind aufgerufen, Vergleichsangebote einzuholen, wenn er der Auffassung ist, die Beschlussfassung im Hinblick auf ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis verbessern zu können. Wohnungseigentümer haben bei der Beschlussfassung über Verwaltungsmaßnahmen, zu denen auch Vertragsabschlüsse jeder Art gehören, einen weiten Ermessensspielraum. Zwar müssen sie das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und im Grundsatz auch die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer. Gleichwohl eröffnet sich der Mehrheit ein weiter Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum. Die Mehrheit ist berechtigt, Kosten und Nutzen bzw. Preis und Gegenleistung gegenüberzustellen und sich am Ende beispielsweise für das teuerste Angebot zu entscheiden.
Die Klägerin ist Bauträgerin und Wohnungseigentümerin. Bei der Abstimmung über die Rechtsverfolgung ihr gegenüber war sie vom Stimmrecht ausgeschlossen (§ 25 Abs. 4) Variante 2 WEG). Inwieweit dies auch für vorbereitende oder begleitende Maßnahmen gilt, etwa die Beauftragung einer gutachterlichen Bestandsaufnahme und die Finanzierung von Gutachten und Prozessführung ist eine höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage. Die GdWE ist zwar nicht Partei der Bauträgerverträge, nach dem Gesetz aber für die Verfolgung von Mängelansprüchen aus den individuellen Verträgen zuständig.
Fazit für die Gemeinschaft
Im gerichtlichen Verfahren dürfen die gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren durch eine Vergütungsvereinbarung nicht unterschritten werden. Es gelten berufsrechtliche und wettbewerbsrechtliche Verbote. Im außergerichtlichen Bereich gibt es Spielraum. In der Praxis ist der Abschluss von Vergütungsvereinbarungen weit verbreitet mit Stundensätzen, die sich oft zwischen 200 EUR bis 400 EUR pro Stunde netto zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer bewegen. Im Fall beurteilte der BGH die Billigung der Höhe des Anwaltshonorars in Anbetracht der besonderen Gesamtumstände als ermessensfehlerfrei. Nicht nur der „Verjährungsdruck“, sondern auch das spezielle Rechtsgebiet (WEG-Recht verknüpft mit Baurecht) werden als Argumente angeführt (Rn. 29 der Urteilsgründe), und auch die Aufspaltung in Anwalts- und Sekretariatsstunde hält der BGH für vertretbar (Rn. 30).
Eine Vereinbarung über die Anwaltsvergütung bedarf der Textform. Sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen (z.B. Haftungsbeschränkung) mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein (§ 3a Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG).
Vor unangemessen hohen Vergütungsvereinbarungen ist der Mandant durch § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG geschützt, wonach die Vergütung im Streitfall bis auf die gesetzliche Vergütung herabgesetzt werden darf. Im amtlichen Leitsatz spricht der BGH von „Honorarvereinbarung“. Dies ist der Oberbegriff für Vergütungs- und Gebührenvereinbarungen (§ 34 RVG). Letztere betreffen nicht die Vertretung nach außen, sondern eine Beratung im Innenverhältnis ohne Vertretung.
Was der BGH hier für Rechtsanwälte und Gutachter entschieden hat, dürfte entsprechend gelten für vergleichbare Auftragnehmer, wie z.B. Architekten, Ingenieure oder sonstige Fachplaner.
Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte PartG mbB Hamburg
www.wir-breiholdt.de
Seit dem 1. Oktober 2025 müssen Betreiber zentraler Wärmepumpenanlagen in Mehrfamilienhäusern den Stromverbrauch verbrauchsabhängig erfassen und abrechnen. Die bisherige Pauschalregelung läuft aus. Verwaltungen und Eigentümer müssen rechtzeitig geeignete Messeinrichtungen installieren und in Betrieb nehmen.
Mit dem Ablauf der Übergangsfrist am 30. September 2025 trat eine wesentliche Änderung für Betreiber zentraler Wärmepumpenanlagen in Mehrfamilienhäusern in Kraft. Seit dem 1. Oktober 2025 ist es verpflichtend, den Stromverbrauch für Heizzwecke verbrauchsabhängig zu erfassen und gegenüber den Nutzerinnen und Nutzern transparent abzurechnen.
Die Änderung geht auf die Novelle der Heizkostenverordnung zurück, die bereits seit 1. Oktober 2024 gültig ist. Mit ihr wurde das sogenannte Wärmepumpen-Privileg abgeschafft. Dieses Privileg ermöglichte es bislang, den Stromverbrauch zentraler Wärmepumpenanlagen pauschal oder nach Wohnfläche auf die Mieterinnen und Mieter zu verteilen, ohne eine exakte Verbrauchserfassung vorzunehmen.
Für Immobilienverwaltungen bedeutet die Neuregelung organisatorischen und technischen Handlungsbedarf. Spätestens bis zum Ende der Übergangsfrist müssen geeignete Messeinrichtungen, beispielsweise Unterzähler oder digitale Messsysteme, installiert und in Betrieb genommen werden. Die Pflicht gilt ausschließlich für zentrale Wärmepumpen, die mehrere Wohneinheiten versorgen. Bei dezentralen Anlagen in einzelnen Wohnungen oder Einfamilienhäusern bleibt es bei den bisherigen Regelungen.
Ziel der neuen Vorgabe ist es, Transparenz zu schaffen und einen stärkeren Anreiz zum sparsamen Umgang mit Energie zu setzen. Verbrauchsabhängige Abrechnungssysteme sind aus Sicht der Gesetzgebung ein zentrales Instrument, um die Energieeffizienz im Gebäudebestand zu fördern. Insbesondere in Zeiten steigender Energiekosten sollen Nutzerinnen und Nutzer in die Lage versetzt werden, ihren Energieverbrauch besser nachzuvollziehen und aktiv zu steuern.
Die Pflicht zur individuellen Verbrauchserfassung stellt damit nicht nur eine regulatorische Anpassung dar, sondern auch eine Chance, die Modernisierung der Mess- und Abrechnungssysteme im Gebäudebestand voranzutreiben.
Tiefgreifende energetische Sanierungen erhöhen den Marktwert von Wohngebäuden im Schnitt um 13,5 Prozent und reduzieren den Energieverbrauch drastisch. Unsanierte Objekte verlieren dagegen an Attraktivität.
Energetische Sanierungen gelten längst nicht mehr nur als Beitrag zum Klimaschutz. Eine aktuelle EU-Studie zeigt, dass Investitionen in Effizienzmaßnahmen den Marktwert von Wohngebäuden deutlich steigern und gleichzeitig deren Attraktivität sichern. Grundlage sind Ergebnisse des Forschungsprojekts HEART, das im Rahmen von Horizon 2020 durchgeführt wurde.
Untersucht wurden reale Mehrfamilienhäuser in Frankreich und Italien, für die drei Szenarien – unsaniert, teilsaniert und tiefgreifend saniert – bewertet wurden. Zum Einsatz kamen klassische Kostenanalysen sowie Befragungen von Fachleuten, um die Zahlungsbereitschaft am Markt realistisch einzuschätzen. Das Ergebnis: Tiefgreifend sanierte Gebäude erzielten im Schnitt eine um 13,5 Prozent höhere Zahlungsbereitschaft als unsanierte Objekte. Parallel dazu sank der Energieverbrauch in den Fallstudien um bis zu 90 Prozent.
Besonders interessant ist die wirtschaftliche Betrachtung. Rechnet man allein mit den eingesparten Energiekosten, ergibt sich eine Amortisationszeit von mehr als 20 Jahren. Wird jedoch die Wertsteigerung berücksichtigt, lohnt sich die Investition sofort oder innerhalb weniger Jahre. Damit verschiebt sich die Perspektive: Sanierungen sind nicht nur Klimaschutzmaßnahmen, sondern handfeste Investitionen in den Werterhalt.
Die Studie verdeutlicht zudem das Risiko des sogenannten „Brown Discount“. Unsanierte Gebäude verlieren zunehmend an Marktattraktivität, was sich in sinkenden Verkaufspreisen niederschlägt. Dieser Trend wird sich mit steigenden Energiekosten und zunehmender Regulierung noch verstärken.
Für den deutschen Immobilienmarkt sind die Erkenntnisse besonders relevant. Energieeffiziente Objekte lassen sich leichter vermarkten, erzielen höhere Preise und profitieren zusätzlich von Förderprogrammen wie der KfW-BEG. Unsanierte Gebäude dagegen sehen sich durch das Gebäudeenergiegesetz, CO₂-Bepreisung und höhere Betriebskosten mit wachsenden Belastungen konfrontiert.
Die gesamte Studie ist hier abrufbar: https://www.mdpi.com/2075-5309/15/3/376
Die Bundesregierung legt mit dem Haushaltsentwurf 2026 den Rotstift an, ausgerechnet bei der klimapolitisch so entscheidenden Sanierungsförderung. Auch wenn die Bundesförderung für Effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM) auf dem bisherigen Niveau bleiben soll, reicht das bei weitem nicht aus. Um die Klimaziele im Gebäudebestand zu erreichen, sind umfassende energetische Vollsanierungen zu Effizienzhäusern unabdingbar. Genau diese Maßnahmen drohen nun auf der Strecke zu bleiben.
Geht es nach dem aktuellen Entwurf, sollen die Mittel für die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden um fast ein Fünftel gekürzt werden – von bislang 15,3 auf nur noch 12,1 Milliarden Euro. Betroffen sind die Programme für Wohn- sowie Nichtwohngebäude (BEG WG und BEG NWG). Das bedeutet: Weniger Anreize für umfassende Sanierungsvorhaben, weniger Investitionen in die Zukunft und ein Rückschritt auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045. Klimapolitik mit dem Rotstift war noch nie ein Erfolgsrezept und wird es auch diesmal nicht sein.
Das ist ein fatales Signal an die Praxis: Immobilienverwaltungen im ganzen Land setzen sich tagtäglich dafür ein, Eigentümergemeinschaften von zukunftsfähigen Sanierungskonzepten zu überzeugen. Dieses Engagement braucht Verlässlichkeit und keine haushaltspolitischen Bremsmanöver. Die politische Realität aber sieht anders aus – während sonntags der Klimaschutz beschworen wird, werden unter der Woche die finanziellen Grundlagen dafür gestrichen.
Der Gebäudebestand ist der schlafende Riese der Wärmewende. Doch statt ihn zu wecken, versetzt ihn der Bund erneut in den Dämmerschlaf. Dabei sind zur Erreichung der Klimaneutralität Investitionen von über 1,4 Billionen Euro notwendig. Die alleinige Konzentration auf Einzelmaßnahmen greift viel zu kurz. Ein umfassender Ansatz ist dringend erforderlich.
Der VDIV Deutschland warnt: Die geplanten Kürzungen werden laufende Sanierungsvorhaben ins Stocken bringen, künftige Projekte verhindern und das Vertrauen in politische Zusagen weiter beschädigen. Ohne Planungssicherheit keine Investitionen – wir werden nicht müde, dies zu betonen. Wer bei der Förderung spart, der riskiert das ohnehin schon geringe Vertrauen von Wohnungseigentümern in die politische Steuerungsfähigkeit und damit auch das Gelingen der Klimawende im Gebäudebestand. Unsicherheit über die Finanzierbarkeit von Maßnahmen führt unweigerlich zu Attentismus.
VDIV-Geschäftsführer Martin Kaßler bringt es auf den Punkt: „Die Bundesregierung gefährdet mit diesem Haushaltsentwurf nicht nur den Fortschritt der Wärmewende, sondern auch ihre eigene Glaubwürdigkeit. Es braucht keine wohlklingenden Versprechen mehr, sondern klare Prioritäten. Ohne langfristig verlässliche und auskömmliche Förderkulisse bleibt die Wärmewende politische Rhetorik.“
Der VDIV Deutschland fordert daher eine klare Nachbesserung im parlamentarischen Verfahren. Die Sanierung des Gebäudebestands ist ein zentraler Hebel für Energieeffizienz, Versorgungssicherheit und Klimaschutz. Eine Politik, die an dieser Stelle spart, spart an der falschen – mit langfristig verheerenden Folgen, auch mit Blick auf die Sicherung von Arbeitsplätzen in der Bauindustrie.
2026 werden private Haushalte und Unternehmen bei den Stromkosten deutlich entlastet. Mit 6,5 Milliarden Euro Bundeszuschuss für Netzentgelte und weiteren Maßnahmen sinken die Kosten im kommenden Jahr spürbar.
Die Bundesregierung hat für das Jahr 2026 umfangreiche Entlastungen bei den Energiekosten beschlossen. Herzstück der Maßnahmen ist ein Zuschuss von 6,5 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) an die vier Übertragungsnetzbetreiber Amprion, 50Hertz Transmission, TenneT TSO und Transnet BW. Damit sollen die Netzentgelte, die einen erheblichen Anteil an den Stromkosten ausmachen, deutlich gesenkt werden. Die Netzbetreiber müssen den Zuschuss in ihre Kalkulation einbeziehen, sodass die Kostendämpfung über die Stromlieferanten direkt bei den Kundinnen und Kunden ankommt.
Für private Haushalte bedeutet dies eine konkrete Entlastung. Ein Musterhaushalt mit einem Stromverbrauch von 3.500 Kilowattstunden pro Jahr kann 2026 mit einer Kostenersparnis von etwa 100 Euro rechnen. In Kombination mit der beschlossenen Abschaffung der Gasspeicherumlage ergibt sich für viele Haushalte eine zusätzliche Entlastung von bis zu 150 Euro jährlich. Der genaue Betrag hängt von individuellen Faktoren ab, wie Verbrauchsprofil, Gebäudedämmung oder Einsatz stromintensiver Geräte wie Wärmepumpen.
Die Wirtschaft profitiert gleich doppelt. Neben den niedrigeren Netzentgelten wird der bisher befristete EU-Mindeststeuersatz für Strom im produzierenden Gewerbe sowie in der Land- und Forstwirtschaft dauerhaft verstetigt. Rund 600.000 Unternehmen – vom Handwerksbetrieb bis zur energieintensiven Industrie – sollen damit gestärkt werden. Die dauerhafte Stromsteuersenkung beläuft sich auf etwa drei Milliarden Euro pro Jahr und soll verhindern, dass die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen durch steigende Energiekosten beeinträchtigt wird.
Insgesamt summieren sich die Entlastungen 2026 auf rund 10 Milliarden Euro – zusätzlich zu den bereits bestehenden 17 Milliarden Euro aus der Übernahme der früheren EEG-Umlage. Damit setzt die Bundesregierung gezielt auf eine Senkung der Energiekosten, um Konjunktur und Beschäftigung zu stützen. Unklar bleibt allerdings die Perspektive über 2026 hinaus. Der Bundeszuschuss für Netzentgelte ist bisher nur für ein Jahr vorgesehen. Die Bundesregierung verweist darauf, dass weitere Maßnahmen geprüft werden, um mittel- und langfristig eine bezahlbare Energieversorgung zu gewährleisten. Eine Senkung der Stromsteuer auch für private Haushalte ist derzeit nicht beschlossen und hängt von den finanziellen Spielräumen im Bundeshaushalt ab.
BGH: Klimasplitgeräte sind grundsätzlich erlaubt, wenn die Mehrheit sie per Beschluss gestattet
Vor gut einem guten Jahr ließ das Landgericht Frankfurt am Main die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zu bezüglich der Frage, ob und in welcher Regelungstiefe die Mehrheit einem bauwilligen Wohnungseigentümer ein Klimasplitgerät gestatten darf (siehe dazu Beitrag vom 15.7.2024). Inzwischen wissen wir mehr. Das Rechtsmittel wurde eingelegt und hatte Erfolg. Die Anfechtungsklage scheiterte.
Mit Urteil vom 23.5.2025 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 128/24 setzt der BGH den Kurs fort, den er in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28.3.2025 – V ZR 105/24 [Wanddurchbohrung und Klimasplitgerät] und 14.2.2025 - V ZR 86/24 [Außenwanddurchbohrung für Wohnraumentlüftungsanlage, dazu Beitrag vom 1.4.2025] eingeschlagen hatte.
Im Ausgangspunkt muss ein bauwilliger Wohnungseigentümer, der die Gestattung einer individuellen („egoistischen“) baulichen Veränderung zugunsten seiner Wohnung verlangt, jedenfalls nicht gleich zu Beginn alle in Betracht kommenden Informationen, Unterlagen, Nachweise, fachlichen oder gutachterlichen Stellungnahmen, technischen oder behördlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen etc. „auf den Tisch des Hauses“ legen (d.h. der GdWE präsentieren), um eine rechtmäßige Beschlussfassung zu erzielen.
Abstrakte Ängste der Miteigentümer vor Belästigungen und Beeinträchtigungen, die durch den substanziellen Eingriff in das Gebäude oder den anschließenden Betrieb einer technischen Anlage theoretisch auftreten könnten, scheiden als Hinderungsgrund im Anfechtungsprozess gegen einen positiven Beschluss bzw. im Beschlussersetzungsprozess gegen einen ablehnenden Beschluss grundsätzlich aus.
Der Fall
Die Kläger sind Wohnungseigentümer der beklagten GdWE, die aus 11 Wohnungen besteht. Die Eigentümerversammlung vom 08.09.2022 beschloss, dem Eigentümer der Wohnung über den Klägern die Installation eines Klimasplitgerätes auf dem Balkon zu gestatten. Diese Wohnung und der Balkon befinden sich unmittelbar über Wohnung und Balkon der Kläger.
Im Beschluss wird das genehmigte Klimasplitgerät wie folgt beschrieben: „[…] Außengerät Schalldruckpegel: 50 dBA – im Regelbetrieb deutlich leiser.
Die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz wird eingehalten. Diese besagt: In reinen Wohngebieten darf der Nachbarschaftslärm tagsüber höchstens 50 Dezibel erreichen. Nachts dürfen es maximal 35 Dezibel sein […]“
Das Amtsgericht Friedberg (Hessen) hatte die gegen diesen Beschluss gerichtete Anfechtungsklage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht den Beschluss für ungültig erklärt. Der BGH entschied im Sinne des Amtsgerichts.
Die Entscheidung
Zunächst stellt der BGH fest, dass für die Gestattung baulicher Veränderungen eine gesetzliche Beschlusskompetenz in § 20 Abs. 1 WEG verankert sei. Stimme eine Mehrheit für die Gestattung, sei das hinzunehmen.
Gegner könnten den Mehrheitsbeschluss nur erfolgreich gerichtlich bekämpfen, falls sie darlegen und beweisen können, dass die Voraussetzungen der sogenannten Veränderungssperre gemäß § 20 Abs. 4 WEG erfüllt seien.
Zu dieser Vorschrift führt der BGH aus, dass bei der Beurteilung, ob eine mehrheitlich gestattete (beschlossene) bauliche Veränderung einen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig benachteiligt, im Grundsatz nur die unmittelbar mit der baulichen Veränderung verbundenen Auswirkungen – wie etwa Verschattungen –, nicht aber Auswirkungen des späteren Gebrauchs zu berücksichtigen seien.
Anders könne es nur sein, wenn bereits bei der Gestattung evident sei, dass der spätere Gebrauch zwangsläufig mit einer unbilligen Benachteiligung eines oder mehrerer Wohnungseigentümer einhergehen werde, was bei hierzulande zugelassenen Klimageräten indes typischerweise nicht der Fall sei.
Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte
Bauwillige Wohnungseigentümer dürfen zunächst ohne großen Aufwand ihr Anliegen in die Eigentümerversammlung bringen. Grundsätzlich genügt die Vorlage eines Lichtbildes oder Screenshots aus dem Internet bezüglich der gewollten baulichen Maßnahme. Schon hierdurch sind die Miteigentümer in die Lage versetzt, sich ein Bild zu machen und gegebenenfalls Erkundigungen einzuholen. Der Mehrheit ist es gestattet, die Gestattung mit Auflagen und Bedingungen zu versehen, beispielsweise der Vorlage einer Baugenehmigung mindestens drei Wochen vor Baubeginn, der wiederum dem Verwalter zumindest in Textform angezeigt werden muss.
Der BGH erwähnt in der Entscheidung die Möglichkeit, auch nach bestandskräftiger Gestattung der baulichen Maßnahme durch spätere Beschlüsse ergänzende Regelungen bezüglich des Gebrauchs aufzustellen, sei es im Rahmen einer Hausordnung, sei es durch gezielte Beschlüsse bezüglich der konkreten Anlage. Indessen ist es nicht erforderlich, derartige Nutzungsvorgaben bereits in den ursprünglichen Gestattungsbeschluss aufzunehmen.
Bauwilligen Wohnungseigentümern, die von der GdWE zu ihren Gunsten bzw. zugunsten ihrer (möglicherweise vermieteten) Wohnung eine individuelle/egoistische bauliche Veränderung gestattet haben möchten, steht ebenso wie allen anderen Eigentümern ein Stimmrecht zu. Der bauwillige Wohnungseigentümer ist also keinem Stimmverbot unterworfen, weil er als Antragsteller ohnehin für die Maßnahme stimmen wird. Ist in der Gemeinschaftsordnung die Bildung von Untergemeinschaften mit getrennten Stimmrechten vereinbart, kann es - je nach Einzelfall - sein, dass nur die Mitglieder der Untergemeinschaften stimmberechtigt sind.
Das ist eine Frage der Auslegung der Gemeinschaftsordnung. Erntet der Bauwillige bei der Abstimmung eine Ablehnung, muss er seine Beschlussersetzungsklage gegen die GdWE richten, nicht etwa nur gegen die Untergemeinschaft, da diese nicht prozessfähig ist.
Split-Klimaanlagen bestehen aus einem Innengerät (Wärmetauscher) innerhalb des räumlichen Bereichs der Wohnung und dem Außengerät (Kompressor), die für gewöhnlich durch eine Kältemittelleitung und Strom verbunden sind.
Fazit für die Gemeinschaft
Grundsätzlich liegen Anspruchsberechtigung und Rechtsverfolgungskompetenz bei Störungen des gemeinschaftlichen Friedens bei der GdWE.
Allerdings ist anerkannt, dass einzelne Sondereigentümer allein und ohne Ermächtigung seitens der GdWE eigene Abwehransprüche geltend machen dürfen, wenn es konkrete tatsächliche Störungen des räumlichen Bereichs ihres Sondereigentums gibt. Das bestätigt der BGH auch im vorliegenden Fall.
In Rn. 12 der Urteilsbegründung heißt es dazu: Ist das Gerät im Prinzip dazu geeignet, unter Einhaltung der Grenzwerte der TA Lärm betrieben zu werden, ist nicht evident, dass seine spätere Nutzung wegen unbilliger Benachteiligung der Kläger (als der Wohnungseigentümer, deren Einverständnis fehlt) insgesamt unterbleiben muss. Sollte sich nach dem Einbau herausstellen, dass das Klimagerät auch zur Nachtzeit im Tagbetrieb genutzt wird mit der Folge einer nicht hinnehmbaren nächtlichen Lärmbelastung der Nachbarn, könnten dem – trotz bestandskräftiger Gestattung – sowohl die Kläger als auch die GdWE entgegentreten.
Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte PartG mbB Hamburg
www.wir-breiholdt.de
Die Heiz- und Energiekosten steigen – doch das Verständnis für die Gründe dahinter bleibt gering. Eine neue Umfrage zeigt: Nur fünf Prozent der Deutschen wissen, warum der CO₂-Preis erhoben wird oder wie sich der Emissionshandel konkret auf ihre Kosten auswirkt. Diese Wissenslücke ist symptomatisch für ein zentrales Versäumnis der Klimapolitik – nicht nur in Deutschland, sondern europaweit.
Parallel zeigt eine globale Ipsos-Erhebung zum Klimabewusstsein: Zwar wächst die Sorge über den Klimawandel, doch individuelle Handlungsbereitschaft und Vertrauen in politische Maßnahmen nehmen ab.
ETS II und der CO₂-Preis: Ein System mit Erklärungsbedarf
Ab 2027 tritt die nächste Stufe des EU-Emissionshandels (ETS II) in Kraft: Dann müssen auch Akteure aus den Sektoren Gebäude und Verkehr CO₂-Zertifikate erwerben.
Der CO₂-Preis soll von derzeit 55 Euro auf bis zu 149 Euro pro Tonne steigen. Relevant wird das in Kombination mit dem seit 1. Januar 2023 geltenden CO₂-Kostenaufteilungsgesetz. Es regelt, wie eben diese steigenden CO₂-Kosten für Heiz- und Warmwasserkosten zwischen Vermietern und Mietern aufzuteilen sind – verbindlich für alle Abrechnungszeiträume ab diesem Datum. Es soll Mieter finanziell entlasten und Vermieter zu Investitionen in die energetische Sanierung ihrer Gebäude zu motivieren.
Die Regelung gilt für alle Wohngebäude, die fossile Brennstoffe zur Wärme- und Warmwassererzeugung nutzen, sowie für gewerbliche Wärmelieferungen – auch dann, wenn ein CO₂-Preis im Rahmen des EU-Emissionshandels (EU-ETS) fällig ist. Die CO₂-Kosten werden nach einem zehnstufigen Modell verteilt: Je höher der spezifische CO₂-Ausstoß pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr, desto größer ist der Kostenanteil, den der Vermieter tragen muss. Grundlage für die Berechnung sind standardisierte Emissionsfaktoren gemäß dem Brennstoffemissionshandelsgesetz.
Ziel des ETS II ist es, die Nutzung fossiler Energieträger zu verteuern und klimaschonende Technologien wettbewerbsfähiger zu machen. Doch nur ein Bruchteil der Bevölkerung versteht dieses Prinzip. Laut einer Umfrage des Unternehmens Aira wissen 35 Prozent nichts über den Emissionshandel, und lediglich fünf Prozent können die Auswirkungen auf ihre Heizkosten korrekt einschätzen.
Diese Informationslücke ist gravierend. Denn sie schwächt die Akzeptanz der Maßnahme – gerade bei einkommensschwächeren Haushalten, die besonders stark unter steigenden Heizkosten leiden. Zwar sieht der ETS II Ausgleichsmechanismen vor, etwa durch Rückverteilung der Einnahmen über Sozialfonds oder nationale Klimagelder.
Doch weder auf europäischer noch auf deutscher Ebene existieren dafür bislang belastbare Umsetzungspläne.
Soziale Schieflage bei der Klimafinanzierung
Die Klimapolitik krankt derzeit an sozialer Ungleichverteilung. Laut Sachverständigenrat für Klimafragen profitieren bisher vor allem einkommensstarke Haushalte von Fördermaßnahmen – beispielsweise bei der Umstellung auf Wärmepumpen. Für ärmere Haushalte fehlen hingegen Mittel, um sich an die steigenden CO₂-Preise anzupassen.
Das von der Vorgängerregierung geplante „Klimageld“, mit dem alle Haushalte einen Teil der CO₂-Einnahmen zurückerhalten sollten, wurde von der neuen Bundesregierung aufgegeben. Stattdessen will man die Strompreise senken und großvolumige Klimainvestitionen finanzieren – ein Schritt, der zwar ökonomisch sinnvoll erscheinen mag, aber eine sozialpolitische Wirkung verfehlt.
Globale Wahrnehmung: Mehr Sorge, weniger Handlung
Auch international zeigt sich ein paradoxes Bild. Laut Ipsos-Klimareport 2024 sind 74 Prozent der Menschen besorgt über die Auswirkungen des Klimawandels im eigenen Land – besonders in hoch gefährdeten Regionen wie den Philippinen oder der Türkei. Gleichzeitig glaubt nur noch eine Minderheit, dass individuelle Maßnahmen wirklich entscheidend seien. Die Überzeugung, dass persönliche Beiträge zur Klimarettung zählen, ist seit 2021 weltweit rückläufig.
In Europa verbinden viele Menschen die Energiewende zudem mit steigenden Haushaltskosten und sind gegenüber Technologien wie E-Mobilität skeptisch.
Diese Wahrnehmung deckt sich mit der deutschen Debatte um Heizungsmodernisierung, Förderpolitik und steigende CO₂-Kosten.
Klimapolitik braucht Transparenz und Teilhabe
„Ohne klare, nachvollziehbare Kommunikation und zielgerichtete soziale Ausgleichsmechanismen droht die Legitimation der Klimapolitik zu erodieren“, so VDIV-Geschäftsführer Martin Kaßler. Er fordert konkrete Gegenmaßnahmen: „Erstens: Die Bevölkerung muss besser über die Wirkmechanismen des Emissionshandels und die Bedeutung steigender CO₂-Preise informiert werden. Zweitens: Förderprogramme und Rückverteilungssysteme müssen so gestaltet sein, dass sie insbesondere einkommensschwache Haushalte zur Umstellung befähigen.
Drittens: Politische Maßnahmen sollten nicht nur technologisch sinnvoll, sondern auch gesellschaftlich vermittelbar und gerecht sein.“
Solange CO₂-Bepreisung als bloße Kostensteigerung empfunden wird – ohne wahrnehmbaren Nutzen oder Rückfluss – wird sie auf Widerstand stoßen. Die Herausforderung für die neue Bundesregierung besteht daher darin, eine klimagerechte und sozial ausgewogene Politik nicht nur zu entwickeln, sondern auch verständlich zu kommunizieren und konsequent umzusetzen.
Eine neue Studie des IÖW warnt: Ohne energetische Sanierung explodieren Stromverbrauch, Heizkosten und Netzbelastung. Für Immobilienverwaltungen heißt das: Jetzt handeln, strategisch planen und Eigentümer beraten.
Die aktuelle Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) im Auftrag der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) kommt zu einem klaren Ergebnis: Ohne konsequente energetische Sanierungen im Gebäudebestand ist die Wärmewende nicht machbar. Bis zu 153 Terawattstunden zusätzlicher Strombedarf pro Jahr wären die Folge von ausbleibender Sanierung – das entspricht etwa einem Drittel des heutigen Nettostromverbrauchs in Deutschland.
Der Grund: Setzt man bei der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung auf elektrische Systeme wie Wärmepumpen, ohne gleichzeitig die Gebäudehülle zu verbessern, steigen sowohl Energieverbrauch als auch Belastung der Stromnetze drastisch an.
Die Studie warnt vor massiven Lastspitzen im Winter, steigenden Heizkosten für Bewohnerinnen und Bewohner sowie milliardenschweren Folgekosten für Infrastruktur und Energieversorgung.
Besonders betroffen ist der große Bestand unsanierter Mehrfamilienhäuser. Ein Bereich, in dem Wohnungseigentümergemeinschaften eine Schlüsselrolle spielen. In der Praxis zeigt sich: Viele Eigentümergemeinschaften zögern, Sanierungen anzustoßen, obwohl ohnehin Instandhaltungsmaßnahmen anstehen. Genau hier liegt laut IÖW das Potenzial: Werden sogenannte „Sowieso-Kosten“ genutzt, können energetische Maßnahmen oft wirtschaftlich integriert werden.
Aktuelle Heizkostenabrechnungen zeigen die Dringlichkeit: 2024 mussten viele Haushalte deutlich höhere Heizkosten tragen – trotz gesunkenem Verbrauch. Der Wegfall der Gaspreisbremse und langfristige Preissteigerungen wirken sich mit Verzögerung aus und belasten nun Eigentümer und Mieter gleichermaßen.
Steigende Kaufpreise treiben Notarkosten, Grunderwerbsteuer und Courtage nach oben – nun kommt auch noch die neue Grundsteuerreform hinzu. Zwei Studien belegen: Die Nebenkosten für Wohneigentum gefährden zunehmend die Investitionsbereitschaft. Reformen sind überfällig.
Immobilienerwerb und -besitz in Deutschland werden zunehmend durch explodierende Nebenkosten belastet.
Eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in Zusammenarbeit mit Empirica zeigt, dass die Kaufnebenkosten mittlerweile rund 10 Prozent des Immobilienpreises betragen – mit steigender Tendenz. Besonders alarmierend: Diese Zusatzkosten wachsen häufig sogar überproportional zu den Kaufpreisen. Ergänzt werden diese Befunde durch eine Untersuchung zur Grundsteuerreform, die bestätigt, dass auch der Besitz von Immobilien für einen Großteil der Eigentümer spürbar teurer wird.
Kaufnebenkosten steigen überproportional
Zu den zentralen Nebenerwerbskosten zählen Notar- und Grundbuchgebühren, Maklerprovisionen sowie die Grunderwerbsteuer. Die BBSR-Studie kritisiert, dass viele dieser Posten direkt an den Immobilienkaufpreis gekoppelt sind – so etwa die Notarkosten, die prozentual vom Objektwert berechnet werden. Dies führt dazu, dass der jüngste Preisauftrieb am Immobilienmarkt automatisch zu höheren Gebühren führt, ohne dass der tatsächliche Leistungsumfang steigt.
Ähnlich verhält es sich bei der Grunderwerbsteuer: Seit der Öffnung der Ländergesetzgebung im Jahr 2006 haben nahezu alle Bundesländer ihre Steuersätze teils massiv angehoben.
Der aktuelle Durchschnitt liegt bei 5,5 Prozent, mit Höchstsätzen von 6,5 Prozent in mehreren Ländern. Eine erhebliche Steigerung gegenüber dem einst einheitlichen Satz von 3,5 Prozent.
Bei Maklerleistungen variiert die tatsächliche Belastung stark nach Region, Nachfrage und Vermarktungsaufwand. Zwar wurde die Provision gesetzlich auf Käufer und Verkäufer aufgeteilt, doch bleibt die Transparenz gering.
Die Studie fordert daher die Einführung eines „Courtage-Spiegels“, analog zum Mietspiegel, mit klarer Ausweisung optionaler Leistungen und Kosten.
Verschärfende Wirkung durch Grundsteuerreform
Zur ohnehin bestehenden Belastung beim Erwerb kommt nun auch ein steuerlicher Druck auf den Immobilienbestand. Laut einer Auswertung von Haus & Grund zu rund 2.000 Grundsteuerbescheiden ist die Reform von 2025 für 79 Prozent der Eigentümer mit einer gleichbleibenden oder sogar höheren Steuerlast verbunden. Besonders stark betroffen sind Ein- und Zweifamilienhausbesitzer, deren durchschnittliche Grundsteuer um 119 Prozent steigt.
Eigentümer von Mehrfamilienhäusern müssen im Schnitt 111 Prozent mehr zahlen, während die Belastung bei Eigentumswohnungen um 40 Prozent zunimmt.
Ein zentrales Problem: Viele Kommunen haben die Gelegenheit genutzt, ihre Hebesätze anzupassen, was in Kombination mit der neuen Bewertungsmethodik zu deutlich höheren Steuerbeträgen führt. Die ursprünglich versprochene „Aufkommensneutralität“ dadurch nicht mehr gegeben.
Reformvorschläge mit Signalwirkung
Beide Studien zeichnen ein klares Bild: Ohne politische Gegenmaßnahmen wird der Erwerb von Wohneigentum weiter erschwert und die laufenden Kosten für Eigentümer steigen unverhältnismäßig an. Die Empfehlungen gehen deshalb weit über kosmetische Korrekturen hinaus.
Für die Kaufnebenkosten wird eine Entkopplung der Gebühren für Notare und Gerichte vom Objektwert gefordert. Auch bei der Grunderwerbsteuer werden gezielte Entlastungen – etwa für Ersterwerber – ins Spiel gebracht.
Langfristig soll eine Rückverlagerung der Steuerkompetenz auf Bundesebene mit einem Sockelsteuersatz für mehr Einheitlichkeit sorgen. In Bezug auf die Grundsteuer wird Transparenz über die Auswirkungen der Reform verlangt.
Die politische Diskussion um faire Lastenverteilung, Kostentransparenz und Investitionsanreize ist damit neu eröffnet und betrifft zunehmend auch die Profession der Immobilienverwaltung in ihrer Beratungs- und Vermittlungsrolle.
„Die Eigentumsquote in Deutschland ist auch im europäischen Vergleich weiter extrem niedrig“, so Martin Kaßler, Geschäftsführer des VDIV Deutschland. „Eigentumsbildung als Altersvorsorge bleibt für viele Menschen aktuell nur noch Illusion. Neben deutlich gestiegenen Baulandpreisen und Baukosten sind auch die Nebenkosten wie die Grunderwerbsteuer und gestiegene Bauzinsen ausschlaggebende Faktoren für diese fatale Entwicklung. Die Absicherung im Alter für viele Menschen steht damit auf der Kippe. Bund und Länder müssen dringend gegensteuern – von der neuen Bundesregierung erwarten wir hier entscheidende Impulse. Nur den sozialen Wohnungsbau fördern zu wollen, löst nicht die Probleme des Wohnungsmarktes. Es bedarf weiter einer Durchmischung der Wohn- und Eigentumsformen mit vergleichbaren Fördertöpfen.“



